Belehrung
Mir war schon aufgefallen, dass die kleine, alte Frau, die neben mir saß, von ihrem Rosenkranz abgelassen hatte. Ein Poster an der Wand hatte plötzlich all ihre Aufmerksamkeit. Mit einem strahlenden Lächeln sah zu mir herüber und sagte: „Das Bild lieb ich ja. Sehen Sie nur, is das net schön? Der heilige Joseph mit dem Kind, so schön! Den heiligen Joseph hab ich ja besonders lieb. Der hat mir so geholfen, als mein Mann gestorben ist, und später als meine Tochter auch gestorben ist. Und die Hostie hat der kleine Jesus auch schon in der Hand. Wie froh wir Christen doch sein können, dass wir die Sakramente haben.Aber ich will Sie net stören“ Ich wollte ihr versichern, dass sie nicht störte, als das Beichtzimmer frei wurde, und sie darin für eine ganze Zeit verschwand.
Ich fragte mich, was die wohl zu beichten haben könnte(räusper).Und ich freute mich, dass wenigstens der heilige Joseph stets ein offenes Ohr für sie hat.
Aussetzung
Die stille Anbetung ist ein Geniestreich: an fünf grölenden Grillparties vorbei, durch Horden von angetrunkenen Schülern hindurch-Biergartenwetter halt, man kann's gut verstehen,geht man mitten in der Nacht in eine Kapelle, um zwei Stunden lang vor goldenen Gefäßen unter einem verhüllten Kruzifix auszuharren. In aller Stille. Darauf muss man erst mal kommen, die Leute derart den Inhalten ihres Glaubens auszusetzen, wie dies hier und in der heiligen Woche überhaupt geschieht.
Ihnen vor Augen zu führen, dass es hier nichts zu sehen und zu begreifen gibt, sondern nur etwas zu glauben und zu betrachten.
So wie Er auf diesem Esel saß und an diesem Kreuz hing, so ist Er jetzt auch hier. Und das macht mich zu einem Teil der jubelnden Menge und des tobenden Mobs. Ich spucke Ihm ins Gesicht und reiche Ihm das Schweißtuch.So wie die Jünger zu wachen versuchten, so sitze ich jetzt bei Ihm( bzw. bin ganz bei meinen Augenlidern).Aber Er ist sich seiner Sache sicher. Ich zimmere Ihm ein Kreuz, und Er empfiehlt mich seiner Mutter.
Enthüllung
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