Freitag, 17. Februar 2012

Ende der Wulffsjagd

Zugegeben: ich mochte ihn nie, den Herrn Wulff. Aber was sich in den letzten Wochen abgespielt hat, lässt mich ein wenig zerknirscht zurück. Denn auch ich muss bekennen, ich bin ein moralisch minderwertiger Mensch, nicht würdig meine durch und durch anständigen Mitbürger vor dem unerbittlichen, gerechten Zorn der selbst ernannten 4. Gewalt zu vertreten. Ich gebe es zu:
Wenn man mir anbieten würde, doch bitte vorne in der 1. Klasse Platz zu nehmen, dann würde ich zur Stewardess sagen: " Vielen Dank, hier, bitte nehmen Sie meine Thrombosestrümpfe". Wenn ich als Vertreter eines großen Anteilseigners im Aufsichtsrat von VW säße, würde ich den Mitarbeiterrabatt beim Neuwagenkauf gerne mitnehmen- zu welcher Neutralität wäre ich denn in dieser Position verpflichtet. Als Ministerpräsident eines unattraktiven, platten Bundesland wäre ich bemüht, dessen Wirtschaft zum Florieren zu bringen und dafür gute Kontakte zur Wirtschaft zu pflegen- gerne auch in irgendwelchen Wochenendhäuschen, auf Kosten von anderen, so läuft doch's Business. Wenn man meinem Sohn ein Bobbycar schenken würde, dann würde ich brav Danke sagen, weil mein Junge sich drüber gefreut hat. Vielleicht würde ich den Schenker sogar zu meinem Sommerfest einladen, er könnte sich da unauffällig unter meine Verwandten mischen, von denen ich auch ein paar einladen würde. Wenn ich einen Kumpel hätte, der mir mal eben Kohle für ein neues Haus leiht, würde ich nicht zur Bank rennen etc.etc
Während ich dies schreibe, läuft im Hintergrund der Kommentar zum Rücktritt im DLF. Der Kommentator klopft sich und seinen Kollegen anerkennend auf die Schulter. Man nur habe versucht der Wahrheit nach zu gehen, auch wenn sich Wulffs Unschuld erweisen sollte(!). Denn gute Journalisten müssten richten. Natürlich fällt auch die Lieblingsvokabel des Wutbürgers und seiner journalistischen Sachwalter: "unerträglich". Wulff habe Johannes zitiert " Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein". Dem könne er mit Matthäus erwidern" Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler". Endlich kann ich einem Journalisten in dieser Sache einmal beipflichten: Wehe Euch Heuchlern!

Dienstag, 7. Februar 2012

Святый Александр Шморель

Die FAZ berichtet über die Heiligsprechung Alexander Schmorells von der Weißen Rose durch die russisch-orthodoxe Kirche. Man zitiert aus dem Kanon an den Heiligen:
"Du bekanntest den Heiland, den von der Jungfrau geborenen Gott und Herrn, gottgetreuer Alexander, im Gericht legtest du durch deine Geduld der Häscher Hochmut nieder. Die Engel staunten ob deiner Geduld, da sie schauten, wie du in Standhaftigkeit furchtlos Drohungen und boshafte Beschimpfungen ertrugst; so warfst du auch die körperlosen Feinde in die Nichtigkeit und erscheinst als siegreicher Zeuge Christi."
Der Autor des Artikels zeigt sich sehr beeindruckt von der orthodoxen Liturgie und den Bärten der (unstrittig) männlichen Priester. Er zitiert den früheren Limburger Bischof, Walther Kampe:
Das Bewahren der Traditionen hat den orthodoxen Kirchen und besonders der leidgeprüften russischen Kirche in den Stürmen der Geschichte geholfen, ihren Glauben und ihre Spiritualität, vor allem auch ihre herrliche Liturgie lebendig zu erhalten.“-nicht ohne auf die geschichtliche Ironie zu hinzuweisen, dass Kampe am zweiten vatikanischen Konzil teilnahm.
Ich poste dies, weil die zweite deutschstämmige Heilige der russisch-orthodoxen Kirche unlängst hier in der Blogoeszese aufgetaucht ist- aus traurigem aber doch hoffnungsvollen Anlass. Hier zeigt sich auch der Wert solcher Traditionen- sich in schweren Zeiten im Vertrauen auf deren Fürsprache an die Heiligen wenden zu können und auf diese Weise Trost und Hilfe zu erfahren.
Das ist vielleicht nicht die Sache manches protestantisch empfindenden Katholiken, aber die weniger Mittelalterscheuen unter uns könnten doch durchaus den Heiligen Neumärtyrer Alexander Schmorell anrufen: er möge für das Anliegen unserer Mitblogger bitten, oder?

(Für Norbert Lammert zu bitten, halte ich für zwecklos- es gibt auch Wichtigeres wie man oben sieht. Bei Lammert hilft nur abwählen. Ich erinnere daran, dass er sein Amt, immerhin eines der höchsten unseres Staates, dafür missbrauchte, einen Staatsgast mit seinen höchstpersönlichen, laientheologischen Ansichten zu belästigen. Schon mal was von Trennung von Staat und Kirche gehört, Herr Lammert? Also liebe Mitbürger: schickt den Mann nach Canossa! Jedenfalls nicht mehr in den Bundestag.  HT für den Hinweis auf den Tagespostartikel: Alipius)